Portraits – soll ich wirklich?

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Unsere Welt ist voller Fotos und mittlerweile nehmen wir Bilder kaum mehr richtig wahr. Ähnlich wie mit Fahrstuhlmusik werden wir permanent mit visuellen Belanglosigkeiten überladen und nehmen uns kaum mehr die Zeit in einem Bild zu verweilen. Ich sehe hier große Parallelen zur Musik. Was für ein Erlebnis ist es ein Konzeptalbum aufzulegen, das Booklet durchzublättern, in Texte einzutauchen und zu verstehen, warum die Lieder genau in dieser Reihenfolge auf dem Album gelandet sind. Wir nehmen uns Zeit für die Musik, tauchen ein und lassen unsere Gedanken für einen Augenblick in die Welt der Komponisten schweifen. Wer möchte, kann dies ja mal in einem Fahrstuhl versuchen! Dort dient die Musik der Ablenkung von unerwünschten Fahrgeräuschen und zur Beruhigung derer, die vor allzu engen Räumen Angst haben.

Den Sinn der permanenten visuellen Überfrachtung hingegen verstehe ich überhaupt nicht. Beruhigen kann mich so viel visueller Nonsens jedenfalls nicht. Zum Aufregen reicht es dann aber auch nicht. Viel mehr nehme ich die meisten Bilder gar nicht mehr wahr und freue mich darüber, wenn ich die Zeit finde wahrhaftige Werke in einem Bildband oder bei einer Ausstellung zu genießen. Hierfür nehme ich mir gerne die Zeit, lasse meinen Gedanken freien Raum für Assoziationen, für Träume und freue mich über den Aufwand, den der Fotograf oder die Fotografin betrieben hat, um mich mitzureißen.

Und was hat das jetzt mit Portraits zu tun?

Wer schon einmal versucht hat auf seinem Handy oder Computer ein geeignetes Porträt zu finden, merkt wie schwer das ist. Stellen sie sich vor, sie suchen eine Foto, das Sie gerne an einem Schwarzen Brett, in einer Zeitung oder als Erinnerung an der heimischen Fotowand sehen möchten! Wie schnell finden Sie genau dieses eine Foto, das Ihre Persönlichkeit zeigt und qualitativ gut genug ist für einen Ausdruck? Früher sind Menschen regelmäßig zum Fotografen gegangen und haben sich Portraitieren lassen. Vor allem ältere Menschen haben daran gedacht, eine Erinnerung ihrer Selbst zu wahren und der Nachwelt ein würdiges Foto zu hinterlassen. Bei uns in Franken werden bei Beerdigungen sogenannte “Sterbebildla” ausgelegt. Diese sind meist schön gestaltet und tragen neben den Daten der verstorbenen Person einen schönen Spruch und eben ein Foto, das das Andenken an die Person wahren soll. Ich habe den Eindruck, je mehr fotografiert wird, desto schlimmer werden die Fotos, die dann am Ende für solche Zwecke übrig bleiben.

Was ich damit sagen will!

So wie es Fahrstuhlmusik gibt, gibt es eben auch Konzeptalben. Aber bitte lasst uns die wirklich wichtigen Fotos – und das sind meiner Meinung nach Porträts – nicht so belanglos werden wie Fahrstuhlmusik.

Produzieren Sie mit mir Ihr Konzeptalbum!

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